EM-GE Modell 2 Startpistole

(Das Modell 2a hat den Ausschuss vorne)

EM-GE Modell 2. Das Herstellerlogo ist nur auf den Griffschalen. Der Verschluss ist lediglich mit "Patent" beschriftet.
EM-GE Modell 2. Das Herstellerlogo ist nur auf den Griffschalen. Der Verschluss ist lediglich mit "Patent" beschriftet.

Die EM-GE 2 stammt auch aus den 30er Jahren. In dieser Zeit wurden von EM-GE einige interessante Konstruktionen auf den Markt gebracht. Vermutlich, ich bin mir nicht sicher, war das Modell 2 die erste Schreckschusspistole mit Stangenmagazin unter dem Lauf. Eine Konstruktion sie sich weit verbreitete hat und von Röhm (Umarex) heute noch gefertigt wird. Für EM-GE Pistolen gab es einen sehr seltenen Zusatzlauf zum Verschießen von Vorsatzgashülsen. Dieser wird oben auf die Pistole aufgesetzt und festgeschraubt. Ich konnte bisher leider noch keinen auftreiben.

EM-GE Modell 2. Die Oberfläche ist super verarbeitet.
EM-GE Modell 2. Die Oberfläche ist super verarbeitet.
EM-GE Modell 2. Der Ausschuss ist oben.
EM-GE Modell 2. Der Ausschuss ist oben.
Der Lauf ist blind. Der Kanal für das Stangenmagazin ist genau so wie bei allen RG3 oder ähnlichen SSW.
Der Lauf ist blind. Der Kanal für das Stangenmagazin ist genau so wie bei allen RG3 oder ähnlichen SSW.
Für die EM-GE Pistole Modell 6 gab es die sehr seltene Aufsatzhülse.
Für die EM-GE Pistole Modell 6 gab es die sehr seltene Aufsatzhülse.

Als mir ein Händler die ASS Pistole angeboten hat meinte er, dass er noch einige andere SSW ohne PTB-Zulassung hat. Und davon war die EM-GE eindeutig die Interessanteste. So habe ich sie für kleines Geld zu meiner ASS Lacrimae Pistole dazu bekommen.

Wenn man die Pistole in die Hand nimmt merkt man gleich den Unterschied zu anderen Schreckschusswaffen. Sie ist nämlich aus Stahl gefertigt und nicht aus Zink. Damals stand noch ein Arbeiter an der Fräsmaschine und es gab noch keine CNC-Fräsen. Mein Exemplar sieht noch dazu fast aus wie neu. Ich freue mich über diese kleine Schreckschusspistole genau so wie über meine kleinen FN Taschenpistolen in 6,35mm.

An der linken Seite befindet sich eine Schiebesicherung und an den Abzug montiert ein weiterer Hebel. Wenn man diesen mit dem Fingernagel nach unten zieht löst man die Arretierung des Magazins. Durch die gute Fertigung fällt nun das Magazin von alleine heraus. Was andere Varianten dieses Modells noch haben ist ein ausklappbarer Ausstoßer für die abgeschossenen Hülsen vorne im Abzugsbügel. Das hat meine nicht. Geschossen habe ich mit meiner Pistole bisher noch nicht und eigentlich habe ich das auch gar nicht vor.

Werbung für die EM-GE 2a Gaspistole
Werbung für die EM-GE 2a Gaspistole

Funktionsvideo der sehr ähnlichen RG3s


Walther UP1 Schreckschusspistole

(Die hier abgebildete Pistole hat keine PTB-Zulassung und ist nicht frei verkäuflich).

Walther UP1 Gaspistole mit Schachtel und Anleitung.
Walther UP1 Gaspistole mit Schachtel und Anleitung.

Die Walther UP1 kam Ende der 50er Jahre auf den Markt. Sie wurde damals in großen Mengen verkauft. Beliebt war sie, weil sie universell einsetzbar war. Vermutlich heißt sie auch daher "Universal Pistole". Man konnte damit, wie mit heutigen Waffen auch, Leuchtsterne an Silvester verschießen, Startschüsse abgeben, oder sie zur Selbstverteidigung benutzen. Dafür gab es damals extra Gaseinsätze mit CN-Reizstoff. Diese wurden in die Mündung eingeschoben und beim Schuss ausgeblasen. Die ersten Varianten davon waren aus Pappe (wie die von EM-GE) und die späteren aus Plastik mit Korkverschluss. Patentiert wurde die UP1 im Jahr 1958. Wie Ihr aus der Rechnung links sehen könnt, die von einer UP1 stammt, wurden die Pistolen aber offenbar schon vor der Patenterteilung (1957) auf den Markt gebracht.

 

Das Stangenmagazin fasst 6 Schuss und wird von vorne, unter der Mündung, eingeschoben. Wenn das Magazin mit der Waffe bündig ist und entsichert wird, ist die Waffe schussbereit. Mit jedem Betätigen vom Abzug, wird das Magazin eine Raste weiter hinter geschoben. Die Kartuschen stehen beim Schuss nach oben. Der Gasstrahl wird an der Rückseite vom Lauf nach vorne umgeleitet. Die Funktionsweise erkennt man sehr gut in dem oben verlinkten Videoclip mit dem Schnittmodell. Der Lauf ist fast völlig frei und lediglich eine kleine Schiene an der Oberseite verhindert wenigstens ein "wirkungsvolles" Vorladen von Geschossen

 

Die Walther UP1 ist eine der wenigen Schreckschusswaffen, die es mit und ohne PTB-Zulassung gab (ohne dass der Name geändert wurde). Ab 1969 mussten Schreckschusswaffen, vor dem Verkauf, die PTB-Bauartzulassung erhalten. Die meisten Hersteller, wie z.B. Reck, SM usw. änderten hierfür die Modellbezeichnungen. Aus der "SM 10" ohne PTB-Zulassung wurde ab 1969 die "SM 110" mit PTB-Zulassung. Walther hat den Namen UP1 beibehalten und hat damit vermutlich recht schlau gehandelt. Denn die PTB hat deren Bauart genehmigt und es war daher später für den Hersteller möglich, nachträglich selber die PTB Stempel mit der Nummer 9-69 auf die Altbesitz Waffen aufzubringen (siehe Foto). Wenn die Käufer der UP1 die Waffen nachträglich haben stempeln lassen, mussten sie dafür keine WBK beantragen. Ob das auch heute noch möglich wäre, ist ein rechtlicher Graubereich. Von dem Heckler & Koch Signalgerät gab es z.B. ebenfalls PTB und non-PTB Versionen.

Die Walther UP1 ohne PTB-Stempel sind nicht viel wert. Ein Waffenhändler wird nicht mehr als 20 Euro dafür bekommen, weil sie kaum jemand erwerben darf, bzw. überhaupt erwerben will. Mir wurden von Händlern schon oft derartige Schreckschusswaffen geschenkt angeboten. Wenn man jedoch eine der seltenen UP1 mit PTB-Stempel hat, bringen die UP1 regelmäßig über 100 Euro auf dem Sammlermarkt.

 

Die UP1 auf den Fotos gehört zur 2. Variante. Ein Leser hat sie mir für diesen Bericht hier zur Verfügung gestellt. Bei dieser Variante besteht das Oberteil mit Lauf aus Zink. Das Griffstück besteht aus Alu. Wer sich für die Geschichten von Schreckschusswaffen interessiert, kommt um die Seite www.gas-waffen.de überhaupt nicht drum rum. Dort werden die unterschiedlichen Varianten beschrieben. Der Betreiber widmet sich der systematischen Erforschung dieser Waffen. Im riesigen und besten Fachbuch über Walther Waffen ("Walther eine deutsche Erfolgsgeschichte") finden sich dagegen fast gar keine Informationen zu der UP1 und UP2.

Auf dem Foto seht Ihr den Blick durch den Magazin Kanal, von hinten. Die Abdeckklappe, mit dem Ausstoßer Stift, ist offen. Links kann man den Schlagbolzen erkennen. Rechts ist eine kleine Öffnung, durch die der Mitnehmer kommt, um das Magazin weiter zu bewegen.

 

 

 

 

Die erste mir bekannte Pistole mit diesem System und dem weit verbreiteten Stangenmagazin unter dem Lauf, war die EM-GE 2 Pistole oben. Diese wurde bereits in den 30er Jahren verkauft und es gab sowohl eine Startversion, wie auch eine Gaspistole. Die Gasvorsatzhülsen für die EM-GE2a sind die ersten, die mir bekannt sind.

Die Laufsperre der Walther UP1 liegt etwa 38mm tief und ist lediglich eine winzige Schiene aus Zink.
Die Laufsperre der Walther UP1 liegt etwa 38mm tief und ist lediglich eine winzige Schiene aus Zink.
Die Leuchtsterne und die Gaseinsätze für die Walther UP1, rechts im Bild, sind extrem selten und ich bin stolz darauf sie in meiner Sammlung zu haben.
Die Leuchtsterne und die Gaseinsätze für die Walther UP1, rechts im Bild, sind extrem selten und ich bin stolz darauf sie in meiner Sammlung zu haben.

Nur sehr kurz wurden die Leuchsterne und die Gaseinsätze für die Walther UP1 in den rechts zu sehenden Pappschachteln verkauft. Der Verkauf dieser Schachteln wird vermutlich nur bis Anfang der 60er Jahre erfolgt sein. Ich habe viele Jahre gebraucht, um sie zu finden und in meine Sammlung aufzunehmen. Auch die neueren Varianten (links) findet man nicht in jedem Waffengeschäft. Die Plastikschachtel links oben ist von 1973. Die Leuchtsterne sind von der damaligen "Klasse IV" und haben ein "T" im Kreis (auf der Unterseite). Diese alte Pyrotechnik Klasse IV ist die Klasse für technische Zwecke. Die Rechtsgrundlage findet man in den Verordnungen über den Verkehr mit pyrotechnischen Gegenständen der jeweiligen Bundesländer, aus den 50er Jahren. Das war, bevor es das heutige SprengG gab. In einem Waffenkatalog aus den 60er Jahren habe ich gelesen, dass diese Leuchtsterne lediglich für "technische Zwecke" verwendet werden dürfen (z.B. als Notsignal).

Bedenkt bei den Gaseinsätzen, dass sie nicht frei verkäuflich sind. HIER findet Ihr mehr über die rechtliche Einstufung davon.

Ist das Magazin dieser Walther UP1 WBK-pflichtig?

(Achtung jetzt kommt ein tiefer und verdrehter Abstieg ins WaffG. Wenn Du dich nicht intensiv damit beschäftigen magst, lies alles ab hier besser gar nicht).

 

Ich wurde vor längerer Zeit von einem Leser gefragt, ob das Magazin derartiger Pistolen ein "wesentliches Teil" ist. Zur Beantwortung dieser Frage muss man in die Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.3.1.3 WaffG schauen:

"Wesentliche Teile sind: ... das Patronen- oder Kartuschenlager, wenn dieses nicht bereits Bestandteil des Laufes ist; das Patronen- oder Kartuschenlager ist ein Hohlkörper aus einem hinreichend festen Material, dessen Abmaße für die Aufnahme von Patronenmunition, Kartuschenmunition oder Ladungen mit oder ohne Geschoss eingerichtet sind und in dem die Munition oder Ladung gezündet wird".

 

Das Magazin so einer UP1 Pistole ist eindeutig ein wesentliches Teil und beinhaltet die Kartuschenlager. Eine Revolvertrommel ist ja auch ein wesentliches Teil. Die rechtliche Folge davon ist, dass das oben abgebildete UP1 Magazin WBK-pflichtig ist. Ein baugleiches Magazin einer PTB-gestempelten UP1 ist frei verkäuflich.

Was ist der Sinn dahinter und wie soll man die Rechtsstellung beweisen können:

 

1. Es ist halt einfach so und hat keinen tieferen Sinn!

2. Das ist nicht möglich, wenn das Magazin ohne Waffe vorliegt.

Sind 6mm Startpistolen ohne PTB Stempel jetzt frei verkäuflich?

(gemeint sind hier nur 6mm Startpistolen mit dem Ausschuss nach oben)

Die Walther UP2 Startpistole, die sich leider nicht in meiner Sammlung befindet (mit freundlicher Genehmigung von www.gas-waffen.de).

 

 

Von 1969 bist ins Jahr 2020 unterlagen Schreckschusswaffen der PTB-Pflicht. Die einfache Folge war, dass Schreckschusswaffen die vor 1969 gefertigt wurden, WBK-pflichtig waren. Seit den Änderungen 2020 im Waffengesetz können jetzt auch, laut Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 Nr. 1.3b WaffG, folgende Waffen frei erworben und besessen werden:

"Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen, die den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaates entsprechen, die dieser der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 2 der Durchführungsrichtlinie (EU) 2019/69 der Kommission vom 16. Januar 2019 zur Festlegung technischer Spezifikationen für Schreckschuss- und Signalwaffen gemäß der Richtlinie 91/477/EWG des Rates über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen als Maßnahme zur Umsetzung dieser Durchführungsrichtlinie mitgeteilt hat".

 

Ich habe zu dem Thema bereits einiges HIER und HIER geschrieben. Für meine folgende rechtliche Überlegung nehmen wir die Niederlande als Beispiel. Die Niederlande haben die EU Richtlinie 2019/69 zum 17.02.2020 umgesetzt und logischerweise inzwischen auch die notwendige Mitteilung an die EU Kommission getätigt. Wenn Ihr jetzt in das niederländische Waffenrecht von 2020 schaut, werdet Ihr im Artikel 2 eine Auflistung der Kat. III Waffen finden. Dort sind Schreckschusswaffen genannt und sie sind dort tatsächlich erlaubnispflichtig. Ausgenommen vom Waffenrecht sind in den Niederlanden jedoch "Startpistolen" bis zum Kaliber 6mm, die den Ausschuss nach oben haben (das steht im selben Artikel). Eine kleine Übersicht, darüber was man dort frei kaufen kann, findet Ihr z.B. HIER.

 

Der "Sinn des Gesetzes" ist bei der Prüfung derartiger Sachverhalte, in rechtlichen Graubereichen, immer wichtig mit zu beachten. Man darf sich auch nie etwas selber zurechtbiegen. Also dass man sich selber ein Gesetz etwas anders einredet, als es gemeint ist, um einen eigenen Vorteil zu haben. Wenn man ein Gesetz mit einer derartigen persönlichen Motivation prüft, liegt man meist falsch. Der Sinn des WaffG-neu von 2020 ist ganz klar gewesen, dass ab sofort nur noch EU 2019/69 konforme Schreckschusswaffen in den Handel kommen. Aber wenn ausschließlich das die Bedeutung des WaffG-neu wäre, hätte der Gesetzgeber "Waffen die der EU Richtlinie 2019/69 entsprechen" in die Anlage 2 WaffG geschrieben. Das hat er aber nicht. Jedes Mitgliedsland kann die Richtlinie selber etwas anders umsetzen, was auch rechtmäßig ist. Und die Startpistolen müssen in den Niederlanden der EU Richtlinie 2019/69 nicht entsprechen und sie müssen auch nicht, vor dem Verkauf, durch ein Prüfverfahren. Auch in anderen EU Ländern gibt es übrigens Ausnahmen für Startpistolen.

 

Ich gehe davon aus, dass die hier abgebildete UP2 Startpistole tatsächlich seit Herbst 2020 wieder frei verkäuflich ist. Es gilt aber das Selbe, wie ich HIER schon gesagt habe, ich rate dringend davon ab, sich waffenrechtlich aus dem Fenster zu lehnen. Ihr seit selber für alles verantwortlich. Ich würde mir keine derartige Waffe ohne WBK Eintrag kaufen, wenn das nicht wenigstens mit der Waffenbehörde abgesprochen ist, oder bis man etwas entsprechendes auch von Behördenseite lesen kann.

 

Fazit:

Ob ich mit meiner Rechtstheorie auch richtig liege, wissen wir erst, wenn es dazu die ersten Stellungnahmen von offiziellen Stellen gibt (Merkblätter, Gerichtsurteile, Feststellungsbescheide...). Euch ist aber vermutlich auch aufgefallen, dass sich alle Behörden mit Äußerungen zum neuen WaffG extrem zurückhalten. Die Bürger werden mit dem neuen Gesetz und seinen, teilweise unmöglich zu verstehenden, Regelungen derzeit einfach alleine gelassen (wie z.B. bzgl. der Altdekowaffen). Wenn man eine derartige Startpistole in einer WBK eingetragen hat, kann man so eine "Äußerung" auch erzwingen, in dem man den Austrag der Waffe, aus der WBK, beantragt. Die Rechtsgrundlage und §§-Kette dazu findet Ihr ja hier. Da meine derzeitige Sachbearbeiterin mit mir schon genug zu tun hat, will ich sie aber nicht mit derartigen Anträgen auch noch zusätzlich belästigen oder "ärgern". Es ist jetzt an der Zeit, dass die vielen Verbände tätig werden und Klarstellungen zum neuen WaffG verlangen.

 

 

 

 

(Liebe Kritiker in den Sozialen Medien, rechtliche Diskussionen leben von Kontroversen. Ich freue mich darüber andere Meinungen zu den Themen zu hören. Aber wenn Ihr mich verlinkt und erzählt, dass ich "Unsinn" rede und "keine Ahnung" habe, solltet Ihr auch handfeste und belegbare Quellenangaben aus den Gesetzen vorweisen können).