Das "Aufbohren" von Schreckschusswaffen

Nachtrag (17.03.2017): Eigentlich war es zu erwarten, dieser Bericht von mir ist der meist Gelesene auf meiner Seite. Ich gehe mal davon aus, dass das hier vor allem Leser findet, die per Google-Suche zu mir gefunden haben. Daher bin ich froh, dass ich von Anfang an keine Anleitung für illegale Umbauten liefern wollte, denn ich weiß schließlich wirklich nicht wer das hier alles ließt. Aber aufgrund des großen Interesses habe ich den Bericht durch mehr Fotos ergänzt.

Da in .22 lang Schreckschusswaffen 6mm Flobert und 22 kurz geladen werden können dürfen diese Waffen nicht mehr gefertig werden.
Da in .22 lang Schreckschusswaffen 6mm Flobert und 22 kurz geladen werden können dürfen diese Waffen nicht mehr gefertig werden.

Ich habe lange überlegt ob ich über das "Aufbohren" von Schreckschusswaffen etwas schreiben soll. Da viele davon eine völlig falsche Vorstellung habe werde ich es tun, aber natürlich keine Tipps geben.

Den passenden Beitrag dazu aus dem Fernsehen werde ich nie vergessen. Die Reporter nehmen Kontakt auf zu einem "Fachmann" der ihnen zeigen soll, wie man Schreckschusswaffen scharf macht. Er sitzt maskiert im dunklen Keller und erzählt, was er schon alles für Waffen scharf gemacht hat. Als die Reporter ihn bitten es vorzuführen und eine Waffe aufzubohren scheitert er gnadenlos. Er versucht mit einem Hammer Die Laufsperre eines Revolvers raus zu schlagen. Als das nicht funktioniert sägt er den Lauf ab, zeigt die Sperre und sagt den Reportern sinngemäß "das ist eigentlich ganz leicht, man muss nur das Teil hier raus bekommen". Aber er schafft es eben nicht. Und die Reporter erzählen später, wie einfach SSW scharf gemacht werden können. Und lauter Bekannte von mir, die die Sendung gesehen haben, plappern die Mist einfach nach. Und das, obwohl sie gerade alle gesehen haben, dass es eben nicht so einfach geht! Heutige PTB-Zulassungen sind richtig gut. Kaum eine andere staatliche Regulierung wird derart gut funktionieren. Unterschiedliche Forderungen verhindern zuverlässig, dass die Waffen manipuliert werden. So muss z.B. die Position des Schlagbolzens zur Laufseelenachse versetzt sein.

Sollte es also jemandem gelingen die Sperre aus dem Lauf zu bekommen kann er gar keine Patrone abfeuern. Das Kaliber von Schreckschusswaffen darf das Laden von scharfen Patronen nicht ermöglichen. Daher bekommt man meist nicht mal gebräuchliche Patronen in die Magazine oder Trommeln. Die Sperre im Lauf besteht in der Regel aus gehärtetem Stahl und der Lauf aus weichem Zink mit Sollbruchstellen. Bei einem Bohrversuch soll der Lauf zerbrechen. Schwächungen an den Patronenlagern sollen auch dafür sorgen, dass der

hohe Gasdruck einer Scharfen Patrone (etwa 1500-2500 Bar) die Waffe zerstört. Knallkartuschen entwickeln etwa einen Gasdruck von 200-400 Bar. Alte 8mm Schreckschusswaffen sind für 600 Bar ausgelegt und daher mit 900 Bar beschossen.

 

Bei machen alten, inzwischen nicht mehr hergestellten, Kalibern ist es teilweise möglich scharfe Patronen in das Magazin oder Patronenlager zu laden. Den Herstellern ist die weitere Fertigung untersagt (.22lang, .320, .35...). Oft wird versucht 6,35mm Munition aus aufgebohrten 8mm Waffen zu verschießen,diese Patronen passen jedoch nicht seitenstabil in das 8mm Lager.

 

Es können aber teilweise Geschosse oder Schrotkugeln "vorgeladen" werden. Es kann nicht passende Munition in ihrer Größe angepasst werden. Es können bei machen Waffen die Läufe entfernt und durch andere ersetzt werden. Es gibt einzelne Waffen mit PTB-Zulassung die es sehr einfach ermöglichen „scharf“ aus ihnen zu Schießen. Hierbei handelt es sich aber

um eher seltene Fertigungsserien deren Produktion schnell wieder eingestellt wurde. Möglich ist auch, Kaliber, Geschosse und Pulver zu verwenden die einen niedrigeren Gasdruck entwickeln. Beispiele dafür werde ich auf keinen Fall nennen. Lediglich soviel, dass unter der selben Zulassungsnummer oft unterschiedliche Fertigungsvarianten mit unterschiedlichen Laufsperren hergestellt wurden. Aber alle diese Dinge fordern eine sehr gute Kenntniss der Waffen und der jeweiligen PTB Zulassung. In der Praxis haben sie kaum Bedeutung. Die ballistischen Leistungen dieser Waffen sind dazu noch sehr schlecht. Etwa 80% der Manipulierten Schreckschusswaffen die mir im Laufe meiner Arbeit begegnet sind waren kaum bzw. überhaupt nicht verwendbar zum Schießen. Entweder wurde die Waffe beim Versuch des Aufbohrens zerstört oder, wenn die Laufsperre erfolgreich entfernt worden ist, war es technisch immer noch nicht möglich damit scharf zu schießen (z.B. weil Lauf und Patronenlager meist versetzt zueinander sind). Und die Wenigen, die erfolgreich bearbeitet worden sind, sind unpräzise, unzuverlässig und werden nur eine sehr geringe Schusszahl verkraften.

 

Fazit:

Das Manipulieren von PTB-geprüften Schreckschusswaffen ist mit alten Waffen durchaus möglich. Hat aber für die öffentliche Sicherheit kaum Bedeutung. Vor allem wenn man Bedenkt, dass es für Kriminelle nicht sonderlich schwer ist auf dem Schwarzmarkt

scharfe Waffen zu kaufen. Kleinkriminelle verwenden in der Regel einfach nicht manipulierte, frei verkäufliche, Waffen zum Drohen (Airsoft, Luftdruck und Schreckschusswaffen). Die meisten Personen, die ihre Schreckschusswaffen manipulieren sind Menschen, die sich um ihre eigene Sicherheit sorgen machen und denen der Zugang zu einer WBK verwehrt ist. Manipulierte SSW werden meist nicht zum Begehen von Straftaten verwendet, sondern werden zufällig bei Personenkontrollen oder Hausdurchsuchungen aufgefunden. Bedenken muss man auch, dass erfolgreich aufgebohrte Schreckschusswaffen oft keine PTB-Zulassung besessen haben und aus dem Ausland stammten. Diese waren sowieso illegal.

Das PTB-System funktioniert sehr gut und hat sich bewährt. Und alle Reporter die etwas Anderes behaupten Lügen entweder, oder sind zu dumm zum Recherchieren!

Bei dieser Walther PP in 9mm PAK sieht man deutlich, dass der Lauf versetzt ist zum Patronenlager. Wenn man den Lauf aufbohrt kann man daher kein Geschoss daraus verschießen.
Bei dieser Walther PP in 9mm PAK sieht man deutlich, dass der Lauf versetzt ist zum Patronenlager. Wenn man den Lauf aufbohrt kann man daher kein Geschoss daraus verschießen.
Die Sollbruchstelle / Schwächung am Lauf und Patronenlager dieser Walther PP ist dermaßen tief, dass man sogar den Stahl vom Futterlauf sehen kann.
Die Sollbruchstelle / Schwächung am Lauf und Patronenlager dieser Walther PP ist dermaßen tief, dass man sogar den Stahl vom Futterlauf sehen kann.
Laufsperre der Walther PP. Deutlich zu sehen ist der Versatz Patronenlager-Lauf. Sollte ein Geschoss aus dem aufgebohrtem Lauf verschossen werden platzt der ganze Lauf einfach ab.
Laufsperre der Walther PP. Deutlich zu sehen ist der Versatz Patronenlager-Lauf. Sollte ein Geschoss aus dem aufgebohrtem Lauf verschossen werden platzt der ganze Lauf einfach ab.

In 9mm PAK Magazine bekommt man weder 9x19 noch 9mm kurz und auch nicht (wie hier) 7,65mm Browning Patronen rein. Die sind alle zu lang.

Und weil es wo anderst behauptet wird will ich auch Folgendes klarstellen: In die Magazine und Kartuschenlager von Schreckschusswaffen im Kaliber .35 passen keine 9mm Luger Patronen! Die scharfen Patronen sind zu lang dafür. Aber andere scharfe Patronen passen dort rein. Und daher gibt es keine PTB Zulassungen mehr für .35 Waffen.

Die Läufe haben innen Sperren aus gehärtetem Stahl und sind außen meist aus Zink. Die Läufe müssen Sollbruchstellen und Schwächungen aufweisen. Den hohen Gasruck von über 1500 Bar scharfer Patronen halten sie idR. nicht aus.
Die Läufe haben innen Sperren aus gehärtetem Stahl und sind außen meist aus Zink. Die Läufe müssen Sollbruchstellen und Schwächungen aufweisen. Den hohen Gasruck von über 1500 Bar scharfer Patronen halten sie idR. nicht aus.

Wenn man es schafft die Laufsperre zu entfernen ist immer noch Patronenlager und Lauf zueinander versetzt. Dazu kommt, dass der Durchmesser von Patronenlager und Lauf stark abweichen.

Die Röhm RG9 Pistole hat bereits Sollbruchstellen / Schwächungen am Kartuschenlager, die GPDA8 darunter noch nicht.
Die Röhm RG9 Pistole hat bereits Sollbruchstellen / Schwächungen am Kartuschenlager, die GPDA8 darunter noch nicht.

 

Nachtrag vom 07.01.2017: Meine Kritik an einem bestimmten Visier Artikel habe ich mittlerweile gelöscht. Ich zeige eben doch nicht gerne mit dem Finger auf Andere, das gehört sich schlichtweg nicht. Ich will nur noch mal kurz klar stellen, dass aus meiner Sicht ganz sicher nicht die PTB eine Schuld daran trägt, wenn "Bastler" ihre Schreckschusswaffen illegal umbauen. Die Schuld trifft alleine diese Straftäter. Und sollten sich technische Lücken bei den Waffen und den Zulassungen ergeben müssen die Hersteller nachbessern. Denn schließlich haben diese die Waffen konstruiert. Die PTB macht eine super Arbeit.

 

Nach dem es in vielen Internetforen und vor allem auch auf Youtube diskutiert wurde kann ich es ja auch offen hier sagen, dass z.B. Zoraki die Herstellungsweise der 906 ändern musste. In den neuen Modellen gibt es tiefe Schwächungen seitlich am Patronenlager. Das hat den Hintergrund, dass bei der Zoraki 906 der Lauf gegen einen scharfen ausgetauscht werden konnte. Bei dieser Art der illegalen Manipulation muss man aber bedenken, dass die zur Herstellung des neuen Laufes erforderlichen Werkzeuge nicht mehr als "allgemein gebräuchlich" i.S. des WaffG gelten. Den dafür ist eine Drehmaschine nötig. Weiterhin ist dafür sehr großes handwerkliches "Geschick" erforderlich.

Genau an der Stelle befindet sich bei den neuen Versionen der Zoraki 906 eine tiefe Rille als Schwächung. Dies soll die Waffe bei einem Ausbauversuch des Laufes zerstören.
Genau an der Stelle befindet sich bei den neuen Versionen der Zoraki 906 eine tiefe Rille als Schwächung. Dies soll die Waffe bei einem Ausbauversuch des Laufes zerstören.

Beispiele illegal bearbeiteter Schreckschusswaffen

Links seht Ihr eine bearbeitete SM110 Schreckschusspistole in 8mm. Sie hatte ursprünglich eine PTB-Zulassung. Der "Bastler" hat die gesamte Laufsperre entfernt. Der Lauf hat somit Öffnungen die das Geschoss vermutlich kaum mehr als 10-20 Joule entwickeln lassen.

Links ist der scharfe und WBK pflichtige Röhm Mod. 17 Derringer in .38 spec. und rechts ist die Schreckschussversion mit der PTB Zulassungsnummer 276. Beide Waffen wurden nicht bearbeitet.

Zwei Schreckschussderringer von Röhm mit der PTB Nummer 276. Links  unbearbeitet und rechts mit Bohrspuren an der Mündung und am Patronenlager. Es gelang, bei dem offensichtlich statt gefundenen Aufbohrversuch, lediglich die Spitze der Laufsperre zu entfernen. Die Sperre hielt stand und beweist, dass selbst eine alte PTB Zulassung ihre Aufgabe erfüllen kann. Das "Bearbeiten" von Schreckschusswaffen ist eine Straftat, wenn man keine spezielle Erlaubnis dafür hat. Wenn man eine derartige Waffe, wie rechts auf dem Bild besitzt, setzt man sich dem Verdacht aus, dass man sie selber bearbeitet hat. Weiterhin stellt dieses Exemplar, meiner Meinung nach, einen rechtlichen Graubereich dar. Er wurde so weit bearbeitet, dass daraus Geschosse vorgeladen und verschossen werden können. Das Bearbeiten erfolgte also so weit, dass VERMUTLICH die PTB-Zulassung erloschen ist. Das Wort "vermutlich" schreibe ich, weil es eben ein Graubereich ist und darüber später nur ein Richter entscheiden kann.

Ein sehr klassisches Beispiel eines illegal bearbeiteten Röhm Derringers mit der PTB 276 und abschraubbarem Laufbündel. Das originale Laufbündel wurde durch ein selber gefertigtes scharfes Laufbündel ersetzt. Da viele derartig umgebaute Derringer von der Polizei sichergestellt wurden, wurde die Produktion mit der Schraube schnell untersagt und das Laufbündel war bei den späteren Varianten nicht mehr so einfach austauschbar.

Auch der Röhm Little Joe Revolver wurde immer wieder illegal bearbeitet. Auch das Exemplar auf diesem Bild zeigt, dass die vielen kriminellen "Bastler" meist scheitern. Der Aufbohrversuch der Trommelsperre scheiterte, lediglich eine Kammer ist etwas geweitet. An der Funktion und der Sicherheit davor, dass daraus scharf geschossen werden kann, hat sich nichts verändert. Meiner Meinung nach ist dieses Exemplar immer noch frei verkäuflich und die PTB Zulassung nicht erloschen. Meine Meinung wird aber evtl. von Anderen nicht geteilt und auch mit so einer Waffe muss man mit rechtlichen Schwierigkeiten rechnen.

Eine umgebaute Schreckschusspistole mit einem ausgewechselten Lauf. Die Waffe hat nie eine PTB-Zulassung besessen. In Deutschland wurde eine sehr ähnliche Pistole als "ME 8 Police" mit PTB-Zulassung verkauft. Bei den deutschen Zulassungen ist das Austauschen des Laufes idR. nicht möglich, ohne wichtige Teile der Waffe zu zerstören. Die meisten der in Deutschland sichergestellten und "erfolgreich" umgebauten Schreckschusswaffen stammt aus dem Ausland und hätte in ihrer ursprünglichen Form die Anforderungen der PTB nicht erfüllt.

Eine illegal bearbeitete HS5 Schreckschusspistole. Der "Bastler" hat versucht die Laufsperre zu entfernen. Hierbei hat er jedoch so große Teile vom Lauf abtrennen müssen, dass nur noch ein Stück Schrott übrig geblieben ist.

Gefälschte PTB Stempel

Schreckschusswaffen mit gefälschtem Zulassungszeichen tauchen immer wieder mal auf, aber wirklich nicht täglich.

 

Bei allen die ich bisher davon gesehen habe (fast ausschließlich im Internet) passte die Zulassungsnummer aber nicht zum Waffenmodell. Sollte man also bei einer Waffe Bedenken haben, kann man die Nummer einfach auf der Seite der PTB nachprüfen. In der PTB-Zulassungliste:

 

https://www.ptb.de/cms/fileadmin/internet/fachabteilungen/abteilung_1/1.3_kinematik/1.33/Zulassungsliste.pdf

 

Bei der PTB wird von jedem Waffenmodell ein Stück eingelagert. In kritischen Fällen sollte es also für Ermittlungsbehörden auch möglich sein dort eine verdächtige Waffe mit einem Original zu vergleichen.

 

Es gibt nur sehr wenige Waffenmodelle die es mit und ohne PTB Zulassung auf dem Markt gegeben hat (z.B. Walther UP1 oder Röhm RG3s). Die gefälschten Waffen fallen daher eigentlich immer schnell auf. Walther hat übrigens die UP1 Pistolen noch Jahre nach dem die PTB-Pflicht eingeführt wurde, nachträglich gestempelt. Ein Quittung für eine derartige Nachstempelung könnt Ihr bei meinem Freund von Gas-Waffen.de sehen.

Mit dem Schlagstempel PTB-Nummer 257 wurden früher die PTB Zeichen auf die rechtmäßig umgebauten Enfield und Webley Revolver aufgebracht. Einer dieser Stempel ist offenbar in falsche Hände gelangt und damit wurde die Zulassung für diesen S&W M&P Victory gefälscht.

 

 

 

Nachtrag: Neulich hat ein Waffenhändler einen LeMat Revolver von Pietty mit PTB Stempel für mehrere Tausend Euro, als Rarität, angeboten. Der Revolver wies ebenfalls die PTB-Nummer 257 auf. Der Händler hat erst überhaupt nicht geglaubt, dass der Stempel der Waffe gefälscht war, denn er hat ihn selber von einem sehr großen Jagd- und Waffengeschäft erworben. Fotos von der Waffe habe ich leider nicht. Der Besitz so einer Waffe, ohne WBK, stellt eine Straftat darf und vermutlich sogar eine Urkundenfälschung.

Auch dieses PTB Zeichen auf einer Schreckschusswaffe vom ausländischen Markt ist gefälscht. Ich will hier aber keine weiteren Details zu dieser Waffe nennen. Das PTB-Zeichen ist nämlich vom Hersteller aufgebracht und diesen bekannten Hersteller will ich hier nicht öffentlich "vorführen".

Wirklich nicht von dem schlauesten Fälscher stammt dieses "F" im Fünfeck, auf einem alten Schreckschussrevolver. Da so ein F-Stempel lediglich bei Druckluftwaffen eine rechtliche Bedeutung hat, ist die Fälschung hier mehr als deutlich.

Diese Röhm RG3s hat ein nachträglich eingelasertes PTB-Zeichen mit der Nummer 28-62. Diese Nummer wird man in der PTB Zulassungsliste nicht finden und es ist daher eindeutig gefälscht.