Gedankenspiel Jagdrecht

Achtung: Es geht hier nur um rechtliche Gedankenspiele. Keine Rechtsberatung! Bedenkt, dass hier alles auf dem Jagdgesetz von Bayern basiert und die Ländergesetze in diesen Details sehr unterschiedlich sind!

 

 

Kleines Ratespiel: 

 

-Was begeht ein Jagdgast, der ohne Genehmigung des Revierinhabers eine wildernde Katze erlegt? Eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit? Nach dem Jagdgesetz oder Tierschutzgesetz?

 

Eine Owi gem. Art 56 Nr. 11 Bay. Jagdgesetz: "....ohne Begleitung oder schriftliche Erlaubnis des Revierinhabers aufsichtslosen Hunden oder Katzen mit der Schußwaffe nachstellt oder solche erlegt,...."

 

 

 

-Was begeht ein Jäger, wenn er den Aufbruch nicht ordentlich versorgt?

 

Das Tierkörperbeseitigungsgesetz wurde mittlerweile durch die EU abgeschafft. Und das Nachfolgegesetz, das Tierische-Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz gilt nicht für Jagden in üblichem Umfang. Es stellt also eine Abfallrechtliche Owi dar, oder das "Zurücklassen von Gegenständen in der Natur" aus dem Naturschutzgesetz (wobei das etwas weit hergeholt ist um ehrlich zu sein) oder "Belästigung der Allgemeinheit (OwiG). Wenn man will und lange genug in den Gesetzen sucht findet man meistens etwas. Man muss jedoch bedenken, dass es üblich und prinzipiell auch zulässig ist den Aufbruch im Revier zu lassen. Es sollte halt ordentlich auf dem Luderplatz ausgebracht werden oder in absolut dichtes Gestüpp gebracht werden, so dass keine Spaziergänger darüber stolpern. (In meiner Gegend haben mal die Teilnehmer einer Staats-Drückjagd den Aufbruch von etwa 10 Stück Rehwild hinter eine Wanderhütte geworfen...)

 

 

-Was begeht ein Jäger auf einem Jägernotweg, also dem Weg durch ein fremdes Jagdrevier, mit geladener Waffe?

 

Eigentlich sollte man meinen, dass dieser Jäger seine Waffe unerlaubt führt (waffenscheinpflichtig, Vergehen). Aber das Bay. Jagdgesetz hat eine sehr spezielle Owi dafür und daher vertrete ich die Meinung, dass in diesem Fall die Straftat zurück tritt, was eigentlich sonst nicht möglich ist. Art. 56 Abs. 2 Nr. 6 : "entgegen Art. 35 Abs. 2 bei der Benutzung eines Jägernotwegs geladene Langwaffen .. mitführt". In so einem Fall würde vermutlich schnell der Vorwurf der Wilderei im Raum stehen, aber Wilderei begeht man erst mit dem "Nachstellen" und das wird man auf einem Weg meist nicht so einfach begründen können.

 

 

 

-Nach welcher Gesetzesstelle kann man einen unliebsamen Waldbesucher anzeigen der durch eine Dickung trampelt?

 

 

Nach §19a BJagdG:  Verboten ist, Wild, insbesondere soweit es in seinem Bestand gefährdet oder bedroht ist, unbefugt an seinen Zuflucht-, Nist-, Brut- oder Wohnstätten durch Aufsuchen, Fotografieren, Filmen oder ähnliche Handlungen zu stören.

Eine Dickung ist eindeutig eine Zufluchtsstätte und das Wort "insbesondere" bedeutet, dass damit auch jedes nicht gefährdete Wild damit gemeint ist.

 

Im Frankonia Katalog von 1964 wurde noch offen mit dem Erlegen von Hunden und Greifvögeln geworben.
Im Frankonia Katalog von 1964 wurde noch offen mit dem Erlegen von Hunden und Greifvögeln geworben.

 

 

-Ein Händler verkauft über seinen Onlineshop Tellereisen und ein Zweiter auf dem Flohmarkt fertig geknüpfte Schlingen aus Klavierseiten. Welcher von beiden muss rechtliche Konsequenzen fürchten?

 

Auch wenn es eine "Tellereisenverordnung" gibt ist der Besitz davon erlaubt. Aber § 19 Abs. 1 Nr. 8 verbietet das Herstellen und Verkaufen von Schlingen. Dieser Verstoß ist auch in § 39 als OWI sanktioniert und mit Bußgeld bedroht.

 

 

 

-Ein Reviernhaber nimmt einen Freund ohne Jagdschein mit auf die Jagd und lässt seinen Freund ein Reh erlegen. Der Jäger steht direkt daneben und sagt ihm genau was er tun soll. Was begehen Jäger und "Schütze"? Etwa Jagdwilderei?

 

Nein. Es wird kein fremdes Jagdrecht verletzt. Die Aneignung und der Abschuss erfolgen im Auftrag des Berechtigten. Da der "Schütze" die Waffe auch nicht führt, wenn der Jäger daneben steht, bleibt lediglich eine OWI aus dem Waffg übrig "Schießen ohne Schießerlaubnis". Der Jäger begeht diese OWI ebenfalls durch "Beteiligung" (Was die Anstiftung im OWI-Recht ist).

 

Darf man die Wildererwaffe behalten?

Der Landmann Preetz JGL-Automat ist ein klassisches Wilderergewehr. Dieser hier ist aus meiner Sammlung.
Der Landmann Preetz JGL-Automat ist ein klassisches Wilderergewehr. Dieser hier ist aus meiner Sammlung.

Fast alle Jagdgesetze der Länder haben, wie im Bay. Art 42 folgende Formulierung stehen:

 

Personen, die in einem Jagdrevier unberechtigt jagen oder eine sonstige Zuwiderhandlung gegen jagdrechtliche Vorschriften begehen oder außerhalb der zum allgemeinen Gebrauch bestimmten Wege ohne Berechtigung hierzu zur Jagd ausgerüstet angetroffen werden, ... ihnen Waffen, ... abzunehmen.

 

Das Wort "abzunehmen" ist sehr untypisch für eine polizeiliche Befugnis (jagdpolizeilich). In anderen Gesetzen würde z.B. stehen "Sicherstellen zur Vorbereitung der Einziehung", oder lediglich "Sicherstellen", beides würde implizieren, dass die Waffe als Beweismittel oder Einziehungsgegenstand dienen soll. Aber in den Jagdgesetzen steht "abnehmen". Was weiter mit dem Gewehr passieren soll steht schlichtweg nicht im Gesetz. Jeder wird erst mal davon ausgehen, dass die Polizei hinzugezogen wird und die Waffe als Beweismittel und als "Einziehungsgegenstand" dem Strafverfahren beigelegt wird.

 

Eigentum: Die Sache gehört einem und man kann damit tun was man will.

Besitz: Man verfügt über die Sache, darf damit aber nur im Sinne des Eigentümers handeln (z.B. Mieten eines Pkw).

 

Wenn ich einem Wilderer sein Gewehr "abnehme" bin ich auf alle Fälle Besitzer davon. Ob die Befugnis sein Eigentum bricht ist eher fraglich. Denn der Sinn des Gesetzes ist darauf ausgelegt, den Jäger vor dem Wilderer zu Schützen und durch die Wegnahme auch Beweismittel zu sichern.

Wenn man jetzt aber bedenkt, dass vermutlich 1/3 der Wilderer Jagdscheininhaber sind und diese ihre Taten evtl. mit einem mehrere tausend Euro teuren Gewehr verüben wäre es ja nur ratsam wenigstens zu versuchen Eigentümer davon zu werden.

 

Im Rahmen eines Täter-Opfer Ausgleichs wird man nur schwer Eigentümer des Gewehres werden. Denn der Revierinhaber ist kein "Opfer". Das Wild gehört ihm nicht, Geschädigter von Jagdwilderei ist die Rechtsordnung.

 

Sollte man mit dem Wilderergewehr nun nicht zur Polizei gehen, sonder einfach zur Waffenbehörde und versuchen die Waffe bei sich eintragen zu lassen, dann sollte man vorher Diebstahl und Unterschlagung prüfen:

Diebstahl begeht man, wenn man dem Wilderer das Gewehr in der Absicht weg nimmt es sich rechtswidrig zuzueignen. Man darf die Waffe also eher nicht nur mit dieser Absicht weg nehmen.  Die Absicht dahinter muss also schon die Beweissicherung und der Eigenschutz sein.

Bei der Unterschlagung spielt die Wegnahme keine Rolle, sondern nur das rechtswidrige Zueignen. Ob die Zueignung durch das Eintragen lassen rechtswidrig ist kann ich nur schwer sagen. Im Zweifelsfall vermutlich schon. Diesen Weg sollte man also nicht gehen! (Vor allem nicht als Jagdaufseher, da man dann eine Strafverfolgungspflicht hat und die Wilderei sowieso anzeigen MUSS).

 

Die Chancen sind vermutlich sehr gering, dass es funktioniert. Aber wenn es wirklich so weit ist, dass man seinen Nachbarjäger Sepp beim Wildern erwischt hat und man seine Blaser R8 oder BD14 in den Händen hält könnte man Folgendes versuchen:

Die hinzugezogene Polizei bitten die Sicherstellungsbescheinigung auf einen selber auszustellen und nicht auf den Wilderer. Denn schließlich hat man die Tatwaffe nun im Besitz. In seiner Zeugenvernehmung kann man darauf eingehen, dass man nach Abschluss des Verfahrens das Gewehr wieder ausgehändigt haben möchte.

Wesentlich mehr Chancen auf Erfolg wird es aber haben wenn man etwas weniger egoistisch vorgeht. Der Vorstand des örtlichen Jagdvereines könnte beim Gericht beantragen, dass die Waffe nach der Einziehung dem Verein übereignet wird um sie als Schulungs- und Leihwaffe für Jungjäger oder für die Jagdausbildung zu verwenden. Dieser zweiten Variante rechne ich durchaus Chancen auf Erfolg aus.

Auch der Wildereisachbearbeiter der Polizei kann einen entsprechenden Antrag schreiben und die Überlassung an die Polizeidienststelle für Schulungs- oder Jagdschutzzwecke beantragen.

Jedem Richter wird beides lieber sein als die teure Jagdwaffe zur Verschrottung zu geben. Verkauft werden eingezogene Waffen heutzutage ja nur noch sehr selten. 

 

 

 

(Bitte, meine lieben Leser, nehmt das alles hier nicht zu ernst! Alleine die gelungene Festnahme eines Wilderers ist leider sehr selten. Das hier ist mehr ein Spiel mit den Gesetzen. Und evtl. hilft es doch dem Ein oder Anderen in der Praxis). Sollte jemand andere belastbare rechtliche Theorien dazu haben würde ich mich freuen sie zu hören ;-)