Norinco 77B Einhandpistole 9mm Parabellum

Die Norinco 77b Einhandpistole in 9mm Parabellum.
Die Norinco 77b Einhandpistole in 9mm Parabellum.

Frankonia hat um die Jahrtausendwende die Norinco 77b für 198 Mark verkauft.

Kaum jemand in Deutschland interessiert sich für den Waffenhersteller Norinco. Der Grund dafür ist vor allem, dass das deutsche Waffenrecht in vielen Fällen die Zahl der kaufbaren Waffen beschränkt. Der Sportschütze und Jäger, der oft nur 2 Kurzwaffen erwerben darf, will hochwertige und zuverlässige Waffen haben. Dazu kommt aber auch noch, dass Deutschland ein ganz zentrales Land in der Entwicklung von Handfeuerwaffen ist. Und daher ist es nur logisch, dass sich hier die Schützen lieber Waffen von Walther oder Heckler & Koch kaufen, statt Norinco, Star, Taurus oder Rossi.

 

Eine große Verbreitung finden Norinco Pistolen überall dort, wo Kurzwaffen sehr einfach erworben werden können. Dort gibt es dann auch einen Markt für einfache und günstige Pistolen. Aber man muss auch sagen, dass sie durch ihren geringen Preis auf dem Weltmarkt und die recht "einfach" gehandhabten Verkaufsbestimmungen der Chinesen, überall dort verbreitet sind, wo es viel Kriminalität gibt und Waffen illegal und gezielt eingeschmuggelt werden. Z.B. in Süd Afrika ist die Norinco 213 Tokarev Kopie in 9mm Parabellum die meist verwendete Mordwaffe.

 

Ich habe in meinen jungen Jahren eine Weile im Ausland gelebt. Nach dem mir mein Vater dort zum Schulabschluss ein Ordonnanzgewehr geschenkt hatte, wurde es nun Zeit für meine zweite Waffe. Ich hatte nicht viel Geld und das Schießen machte mir Spaß. Also habe ich mir natürlich ein Kleinkalibergewehr gekauft. Ein Norinco JW21, mit dem ich damals sehr viel geschossen habe. Das Gewehr war einwandfrei und ich kann mich an keine Störung erinnern. Das war für viele Jahre meine einzige Norinco Waffe. 

 

Aber nun hat mich für längere Zeit die Norinco 77B interessiert und ich konnte sie für etwa 100 Euro in nagelneuem Zustand kaufen. Außer den beiden Beschusspatronen hat meine Pistole mit Sicherheit keinen einzigen weiteren Schuss erlebt. Selbst im Inneren waren keinerlei Spuren zu erkennen. Vermutlich lagerte sie die letzten Jahre in einer Sammlung oder bei einem Händler.

 

Es existiert auch noch ein kleineres Modell (77-1) im Kaliber 7,65mm Browning, das früher auch von Frankonia verkauft wurde und recht selten ist. Ob die Norinco 77er Pistolen nur für den Export gebaut, oder auch bei der chinesischen PLA (Armee) oder PAP (Polizei) eingeführt waren, weiß ich leider nicht. Die Quellen hierzu sind widersprüchlich.

 

Zur einhändigen Bedienung hat die Norinco 77B eine Durchladehilfe am Abzugsbügel. Diese Idee hatte zu erst ein Herr Chylewski und es wurden vor etwa 100 Jahren mehrere 6,35er Pistolen, von unterschiedlichen Herstellern, nach seinem System gebaut.

Sie ist komplett aus Stahl gefertigt, was sehr selten bei modernen Pistolen ist.

Sie besitzt einen gasgebremsten Masseverschluss (wie die Vektor CP1, Walther CCP, H&K P7, die Steyr GB und die Mauser Volkspistole).

Die Pistole hat ein Single Action Only Schlagbolzenschloss.

Das Magazin erinnert unweigerlich an das der H&K P7, die ich Euch HIER vorstelle.

Fast jedes Einzelteil der Waffe ist mit der Endung der Waffennummer versehen. Sogar die Magazine sind nummerngleich.

 

Man muss Norinco wirklich lassen, dass sie sich bei der 77B einige Gedanken gemacht, und etwas komplett eigenes, entwickelt haben. Wenn man den Abzug betätigt, geht eine Wippe im Abzugsbügel nach oben und blockiert im Schuss den Durchlademechanismus. Das ist eigentlich nicht nötig, schafft aber Sicherheit, für den Fall, dass sich etwas verklemmt.

Der Lauf hat scharfe Züge und ist innen hartverchromt.

Das Zerlegen der Norinco 77B Pistole (disassembly)

Durch das seitliche Austreiben dieses Stifts kann man die Ladeeinheit, bzw. den Vorderteil des Griffstücks abnehmen.
Durch das seitliche Austreiben dieses Stifts kann man die Ladeeinheit, bzw. den Vorderteil des Griffstücks abnehmen.

Zum Zerlegen wird der Sicherungshebel, über die sicher Position hinaus, weiter nach hinten gedreht. Dann kann der Verschluss nach hinten gezogen, nach oben gehoben und nach vorne abgenommen werden. Wie bei einer Walther PPK.

 

Auf dem oberen Foto könnt Ihr auch die Magazinsicherung sehen. Diese verhindert, dass bei entnommenem Magazin ein Schuss gelöst werden kann. Wenn man sich über die Bestimmung dieser Waffe etwas Gedanken macht fällt einem auf, dass diese Sicherung hier vermutlich durchaus Sinn macht. Denn die Norinco Waffen werden hauptsächlich von "Anfängern" gekauft und Menschen die wenig Erfahrung bzw. Ausbildung an Schusswaffen durchlaufen haben. Und gerade bei diesen Gruppen ist die Gefahr groß, dass eine Patrone im Lager vergessen wird und sich "ein Schuss löst".

 

Aber auch wenn ich bedenke wie viele Sportschützen (mit Waffensachkunde und jahrelanger "Erfahrung" neben mir in den Boden oder die Wand vom Schießstand geschossen haben....Zu einem speziell für Jäger veranstalteten Schießen mit Kurzwaffen bin ich sogar ein Mal wegen Sicherheitsbedenken nicht hin gegangen (die haben idR. sehr wenig Praxis mit Kurzwaffen).

Die dünne Feder, um den Gaszylinder der Norinco 77B, bringt den Lademechanismus wieder nach vorne, wenn der Verschluss hinten gehalten wird.
Die dünne Feder, um den Gaszylinder der Norinco 77B, bringt den Lademechanismus wieder nach vorne, wenn der Verschluss hinten gehalten wird.

Die Ladeeinheit wird so zerlegt. Hier wird auch ersichtlich, dass die Pistole wesentlich komplexer aufgebaut ist als andere Waffen. In diesem Zusammenhang fällt mir, als kleine Anekdote, grade auch die Tatsache ein, dass alleine das extrem hochwertige Visier des schweizer Sturmgewehr 57 so viele Einzelteile hat wie eine ganze Makarov Pistole.

Hier seht Ihr die Norinco Pistole sehr weit zerlegt. Die Verarbeitung ist einwandfrei und es gibt daran nichts auszusetzen.
Hier seht Ihr die Norinco Pistole sehr weit zerlegt. Die Verarbeitung ist einwandfrei und es gibt daran nichts auszusetzen.

Das Schießen mit der Norinco 77B Pistole

Durch die Formgebung der Norinco 77B Pistole ist es leider sehr schwer den Zeigefinger richtig auf dem Abzug zu positionieren. Er liegt fast immer unten auf, was beim Schuss Schmerzen im Finger verursacht.
Durch die Formgebung der Norinco 77B Pistole ist es leider sehr schwer den Zeigefinger richtig auf dem Abzug zu positionieren. Er liegt fast immer unten auf, was beim Schuss Schmerzen im Finger verursacht.

Erst im scharfen Schuss fiel mir auf, wie unangenehm die Pistole in der Hand liegt. Die Griffschalen drücken deutlich in die Mittel- und Ringfinger der rechten Hand. Und beim beidhändigen Anschlag drückte der Sicherungshebel von oben in den rechten Daumen. Vermutlich daher wurde später das Design der Griffschalen geändert.

Die Visierung der 77B Pistole ist recht fein und sowohl zum Verteidigungs- wie auch dem Sportschießen eher unüblich. Erfassen ließ sich das Visierbild aber dennoch recht gut zum Präzisionsschießen auf 25m.

Da die Pistole über ein verstellbares Visier und einen fest mit dem Griffstück verbundenen Lauf verfügt sollte die 77B eigentlich ein recht großes Potential zum Präzisionsschießen haben. Auch im Internet fand ich Berichte von Besitzern der Pistole die sie für ihre Präzision schätzen.

Die ersten Schüssen knallen aus meiner Pistole: Der Rückstoß ist sehr stark, vermutlich ist er der stärkste Rückstoß den ich jemals bei einer 9mm Para Pistole erlebt habe. So ganz erklären kann ich mir das nicht. Denn eigentlich sollte die Gasbremse auch etwas gegen den Rückstoß wirken. Die Gasbohrung ist etwas größer als bei meiner Walther CCP, aber das sollte ja eigentlich auch gegen den Rückstoß wirken.

 

Den Streukreis habe ich freihändig auf 25m geschossen. Wirklich begeistert hat mich dieses Ergebnis nicht. 

 

Ich habe auf das Gewicht der Norinco 77B auf der Küchenwaage mit 1035 g gewogen (leer inkl. Magazin). Die P7 wiegt dagegen etwa 780g und hat einen deutlich geringeren und angenehmeren Rückstoß.

Aufgelegt auf 25m habe ich dann diesen Streukreis hier geschossen. Auch der war nicht das, was ich von einer so großen Pistole erwarte. Mit einer Glock 17 oder einer SFP9 schaffe ich das auch freihändig.

Die Hülsen wurden beim Schuss wenig belastet und die Norinco Pistole hinterließ nur geringe Spuren. Der Schlagbolzen verursachte aber einen sehr deutlichen Eindruck. Fehlzündungen sollten dabei nicht auftreten.

Nachtrag von 08/2020:  Mit etwas Übung ließen sich doch noch anständige Streukreise freihändig auf 25m schießen. Diese 14cm waren für mich, nach etwas Übung, jederzeit wiederholbar. Wenn das Schießen mit der Norinco nicht an den Fingern weh tun würde, hätte sie wirklich Potential und würde viel Spaß machen. Vielleicht ist das ja bei Schützen mit anderen Händen auch nicht der Fall?

Meinen Bericht über die H&K P7 findet Ihr HIER. Meine Sammlung der gasgebremsten Pistolen konnte ich inzwischen auch um die Vektor CP1 ergänzen, die Ihr weiter unten findet. Aktuell hergestellt wird nur noch die Walther CCP.

Die Walther CCP und die Norinco 77B im Vergleich. Beide Pistolen haben einen gasgebremsten Massenverschluss.
Die Walther CCP und die Norinco 77B im Vergleich. Beide Pistolen haben einen gasgebremsten Massenverschluss.

Die Walther CCP wiegt mit etwa 630g fast nur die Hälfte der 77b, hat jedoch einen geringeren Rückschlag. So ziemlich der wichtigste Sicherheitsmechanismus an modernen Pistolen ist eine automatische Schlagbolzensicherung, die Ihr hier, an der CCP, sehen könnt. Erst beim Betätigen des Abzugs wird der Schlagbolzen freigegeben.

 

Mein Fazit zur Norinco 77B Pistole

Ich finde sie technisch toll und vom Preis-Leistungsverhältnis her hervorragend. Ich freue mich über die Bereicherung meiner Sammlung durch diese interessante Pistole.  Aber das Schießen macht damit ehrlich gesagt, durch die unangenehme Handlage und den harten Rückschlag, nicht so viel Spaß. Ich werde aber auf jeden Fall weiter versuchen, damit bessere Ergebnisse zu erzielen. Ich muss davon ausgehen, dass die schlechten Ergebnisse ein Schützenfehler sind. Seitens der Konstruktion bringt die Pistole nämlich ein sehr gutes Präzisionspotential mit sich. Ich hoffe auch, dass irgendwann eine Norinco NP-42 den Weg in meine Sammlung finden wird. Das ist die Zivilversion der aktuellen chinesischen Dienstpistole, die ebenfalls einige interessante technische Details zu bieten hat. Ich hoffe auch sehr, dass endlich ein deutscher Waffenhändler den Norinco T97 Bullpup Halbautomaten dem BKA zur Prüfung vorlegt und importiert. Ich wäre auch sehr an einem Vergleich der Zuverlässigkeit interessiert, zwischen dem etwa 1000 Euro Norinco T97 und dem 3500 Euro teuren Desert Tech MDR Halbautomaten. Ich würde eine Kiste Bier darauf verwerten, dass der T97 Halbautomat genau so zuverlässig ist, wie der von Desert Tech.

 

Vektor CP1 Verteidigungspistole aus Süd Afrika

 Sie wäre vielleicht die beste Verteidigungspistole der Jahrtausendwende geworden, hatte aber die schlechteste automatische Schlagbolzensicherung der Welt.

Kompakt, ein super design und minimalistische Bedienelemente, die Vektor CP1 Verteidigungspistole.
Kompakt, ein super design und minimalistische Bedienelemente, die Vektor CP1 Verteidigungspistole.

In meiner Jugend sah ich die Vektor CP1 in den bekannten Katalogen. Sie wurde von 1996 bis 2001 hergestellt und hier von Frankonia und Kettner vertrieben. Für mich sah sie wie eine "Spielerei" aus und sie interessierte mich nicht. Erst viele Jahre später, als die Produktion bereits lange eingestellt war, erkannte ich, dass die CP1 keine Spielerei war. Wie kaum eine andere Waffe ist sie ein kompletter Eigenentwurf von Vektor. Vektor war damals eine Marke von Lyttelton Engineering Works, die wiederum zu Denel gehört haben. Heute gibt es nur noch Denel Land Systems. Abgeschaut haben die südafrikanischen Ingenieure lediglich den Gas gebremsten Masseverschluss, bei der H&K P7. Aber der komplette Rest war ein sehr mutiger Entwurf, bei dem es nicht darum ging, eine Pistole für Sciencefiction Filme zu entwerfen, sondern eine Verteidigungswaffe für den Alltag. So wurde z.B. komplett auf einen außen liegenden Verschlussfang verzichtet, was die Waffe einfacher und zuverlässiger macht. Der Verschluss muss nach dem Nachladen durch ein kurzes Zurückziehen vorgelassen werden. Das dauert nur unwesentlich länger und man muss auch ehrlich sagen, dass in der privaten/zivilen Selbstverteidigung extrem selten mehr als 5 Schüsse abgegeben werden. Der CP1 liegen zwei Magazine bei, ein kurzes mit 12 Schuss Kapazität und ein längeres mit 13 Schuss. Meiner Meinung nach ist das absolut ausreichend. Und noch dazu, ist die CP1 für diese Kapazität sehr schmal geworden und liegt gut in der Hand. Beeindruckt hat mich aber nicht unbedingt die Handlage, denn diese ist bei einer SFP9 oder P99 doch noch etwas besser. Wirklich beeindruckt hat mich die Deutschusseigenschaft. Wenn ich diese Pistole auf ein Ziel richte, ohne auf die Visierung zu schauen, sitzt die Waffe immer genau im Ziel. Und das schaffen nur wenige Pistolen so gut. Ziemlich sicher hat das aber auch etwas mit meinen Händen zu tun und bei anderen Schützen würde sie vermutlich nicht so perfekt passen. Auch die recht grobe Visierung kann ich sehr schnell erfassen.

 
Die CP1 wollte ich schon länger haben. Ich fand ihre Konstruktion sehr interessant, ich wollte endlich mal herausfinden, was wirklich den Ausschlag für den Rückruf gab und sie mit der Röhm CP1 Schreckschusspistole vergleichen. Aber da Röhm leider nicht den (meiner Meinung nach ziemlich cool aussehenden) Abzug kopiert hat, interessiert mich der Schreckschuss Nachbau eigentlich überhaupt nicht mehr. Und jetzt hat sich endlich die Möglichkeit ergeben, eine davon günstig zu bekommen. Ich habe die Tage mit einem Leser ein paar Mails gewechselt und er fragte mich, warum ich über derartig unübliche Waffen berichte? Das hat einen recht einfachen Grund, sie interessieren mich schlichtweg. Ich blogge fast immer über die Themen, die mich selber aktuell interessieren. Ich könnte auch über die Glock 44 in .22lfb berichten, dieser Bericht würde dann vermutlich 20 Mal so oft gelesen werden, wie einer über die Ultrastar, oder ähnliche Waffen. Aber ich mache keine Werbung, Glock halte ich eh für eine Firma die man meiden sollte und mein Blog existiert in seiner Form nur, weil ich Spaß am Bloggen habe. Was hätte mein Blog denn für einen Mehrwert, wenn ich der 30. Blogger mit dem selben Thema wäre?

 

Wenn man versucht im Internet Informationen über die CP1 zu bekommen, kristallisiert sich Folgendes heraus. Diejenigen, die eine CP1 besitzen, halte sich für gut und zuverlässig. Diejenigen, die keine CP1 besitzen, halten sie für unsicher und minderwertig. Ich gehe zweifellos davon aus, dass alle die keine davon besitzen Vorurteile haben, weil der Rückruf meist alles ist, was sie über diese Pistole wissen. Bei den Besitzern ist aber fraglich, ob sie ihr positives Bild nur haben, weil sie ihre selbst ausgewählte Waffe mögen, oder ob sie schlichtweg gute Erfahrungen damit gemacht haben...?

Es wird viel Unsinn über die CP1 erzählt, ähnlich wie bei der P7, die den meisten nur aus der Presse bekannt war. Ich habe sogar neulich gehört, dass sie dafür bekannt sein soll, dass sie von alleine los geht. Das ist grundlegend falsch. Die CP1 hatte lediglich ein Konstruktionsproblem mit der automatischen Schlagbolzensicherung und es bestand die theoretische Gefahr, dass sie bei Stürzen auslöst. Es war konsequent und verantwortungsbewusst, die Pistolen der 1. Generation vom Markt zu nehmen und dieses Problem zu beheben. Aber wenn ich eine überarbeitete CP1, der 2. Generation, bekommen könnte, würde ich sie bedenkenlos geladen führen.

 

Verschiedenes zur CP1, kreuz und quer:

Die CP1 sollte es auch noch in den Kalibern 9x21mm und .40S&W ("CP1N") geben. Realstücke davon sind mir noch nie begegnet (was aber nicht viel heißt).

Der Lauf hat ein eher schwach ausgeprägtes Polygonprofil.

Die Auszieherkralle ist breit und hat seitlich mit scharfe Kanten. So funktioniert sie als Ladestandsanzeiger, der etwas vom Verschluss absteht, wenn eine Patrone im Lager ist. Wenn Ihr mal eine 08 Pistole in der Hand habt, müsst Ihr euch die Auszieherkralle genau anschauen. Diese tritt in geladenem Zustand recht weit nach oben heraus und darauf kann man dann das Wort "geladen" lesen.

Der Magazinlöseknopf befindet sich nur auf der linken Seite. Für Linkshänder gab es, als Zubehör, einen Knopf für die andere Seite. Der Knopf ist aus Stahl. Er liegt sehr eng am Griffstück an und verhindert so zuverlässig, dass ein Magazin, beim Führen, verloren geht. Selbst wenn ich am Magazin ziehe und den Knopf auf eine Höhe mit dem Griffstück drücke, bleibt das Magazin fest sitzen. Mit einem anständigen Druck fällt es frei heraus. Auch hierbei sieht man, dass die CP1 von echten Praktikern entwickelt wurde. Denn die Verlustsicherheit des Magazins ist im echten Leben wesentlich wichtiger, als ein schneller Magazinwechsel im Feuergefecht. Bei den heute meist verwendeten Kydexholstern gibt es solche Probleme kaum noch. Aber in den 80er und 90er Jahren, wo meist Lederholster verwendet wurden, war das ein relevantes Problem. Und genau das war auch der Grund, warum die P38 nicht mehr den Magazinlöseknopf der P08 hatte.

Als weiteres Zubehör gab es für die CP1 ein spezielles Holster, das ich leider nicht habe und Euch so auch nicht zeigen kann. Es hat die interessante Eigenschaft, dass es beim Holstern der Pistole automatisch die Sicherung betätigt.

Der Griff der CP1 ist 27mm breit. Zum Vergleich, der einer Glock 26 ist 32mm breit und bei der SFP9 31mm. Der etwas schmalere SFP9 Griff kommt durch die Verwendung von Blechmagazinen, die immer mehr Hersteller wieder verwenden. Der Griff meiner Walther PPS ist nur 22,5mm breit.

Es wird gesagt, dass die CP1 in geringem Umfang bei der SAPS verwendet wird oder wurde. Quellen dafür konnte ich nicht finden. Aber wenn man sich die Waffenindustrie in Südafrika, die Geschichte und Ausrüstung des SAPS anschaut, erscheint diese Behauptung glaubhaft. 

Die Vektor CP1 Pistole hat trotz ihre schmalen Form doppelreihige Magazine. Ein kurzes mit 12 Schuss und ein langes mit 13 Schuss.
Die Vektor CP1 Pistole hat trotz ihre schmalen Form doppelreihige Magazine. Ein kurzes mit 12 Schuss und ein langes mit 13 Schuss.

Meine CP1 Pistole hat die Importkennung "Kett", für Kettner eingeschlagen. Der Waffe liegt auch ein Hinweis von Kettner, über einen Schreibfehler in der Anleitung bei. Der Vorbesitzer hat sie 1997 bei seinem örtlichen Händler gekauft. 1997 war sie auch zum ersten Mal im Frankonia Katalog gelistet. Sie war damals noch nicht mit einem Foto abgebildet und der Preis belief sich auf 698 Mark. Zum Vergleich, im selben Katalog kostete:

Ultrastar 568 DM

Glock 19 1198 DM

CZ100 589 DM

Walther P5 1598 DM

SigSauer 228 1852 DM

Links (unter dem Lauf) ist der Gaszylinder zu erkennen. Der Mündung ist versenkt, um Beschädigungen daran zu verhindern.

Der Sicherungs- und Zerlegehebel.

Da die CP1 einen Gas gebremsten Masseverschluss hat, konnte das Zerlegen mit einem geringen technischen Aufwand Realisiert werden. Der Sicherungshebel wird hierfür, gegen eine Federspannung, ganz eingedrückt. Dann kann der Verschluss nach hinten gezogen und nach oben abgehoben werden, ähnlich einer Walther PPK. Das geht manchmal etwas hakelig, wie bei ausnahmslos allen Pistolen mit Gaskolben. Ein Problem war das aber noch nie für mich und zweifellos habe ich eine gewisse Erfahrung mit diesen Waffen.

Das Bedienen der Sicherung ist etwas gewöhnungsbedürftig, da man zum Schießen zwei gegenläufige Bewegungen mit dem Zeigefinger ausführen muss. Eine intensives Üben wäre für die Verwendung der CP1 notwendig. Aber wenn man das Gesamtkonzept dieser Pistole betrachtet, ist der Sicherungshebel eine gute Entwicklung, um auf so viele Kanten wie möglich zu verzichten. Im beidhändigen Anschlag ist für mich das Entsichern mit dem Daumen der linken Hand übrigens wesentlich praktischer.

Der Abzug der CP1 hat eine Fallsicherung integriert, wie man sie in ähnlicher Form, von den Glock Pistolen kennt. Hier wird durch den roten Teil im Abzug ein Querbolzen nach rechts gedrückt. Nur wenn dieser Bolzen nicht mehr übersteht, kann der Abzug ins Gehäuse eingedruckt werden.

 

Da Süd Afrika kein Mitglied der CIP ist, mussten alle Vektor Waffen in Deutschland beschossen werden. Ob die afrikanischen Abnhmestempel ("T") nur von einer Werksprüfung, oder von einem echten Überdruckbeschuss kommen, ist mir leider nicht bekannt. Meine Waffe wurde im Jahr 1996 ("KG") in München beschossen. Damit gehört die Pistole vermutlich zur ersten Serie, die überhaupt nach Deutschland importiert worden ist.

Wie bei vielen anderen Polymerpistolen ist auch bei der Vektor CP1 die Waffennummer in das Griffstück eingelassen.
Wie bei vielen anderen Polymerpistolen ist auch bei der Vektor CP1 die Waffennummer in das Griffstück eingelassen.

Die Visierlinie liegt zwar etwas höher als bei einer Glock, aber wie Ihr hier, im Vergleich zu meiner SFP9-SK und Ultrastar seht, ist sie bei der CP1 immer noch recht gut. 

Schießen der Vektor CP1

Bei etwa einer Schachtel Vollmantelmunition, die ich verschossen habe, traten keine Störungen auf. Das sagt aber überhaupt nichts aus, um ehrlich zu sein. Denn relevant ist für eine derartige Waffe ausschließlich die Zuverlässigkeit mit Hohlspitzmunition. Ein umfangreicher Test mit einer Sammlerwaffe, für die man keine Ersatzteile mehr bekommt, ist leider etwas, das mein Blog nicht leisten kann. Nach dem Studium einiger südafrikanischer Quellen, sind die CP1 genau so zuverlässig, wie andere Waffen auch. Aber jetzt kommt ein relevanter Kritikpunkt, das Treffen auf die 25m Scheibe war mit der CP1 sehr schwer. Die Treffer verteilten sich über die ganze Scheibe. Meine lagen alle zu tief und die eines anderen Schützen zu hoch. Ich vermute, dass dafür vor allem der recht harte Abzug verantwortlich ist. So ein Abzug hat bei einer Verteidigungspistole auch Vorteile, aber unterm Strich ist er nicht wirklich gut. Ich konnte für diesen Test leider nicht auf die eigentlich vorgesehene Distanz, von etwa 3-5m schießen. Ich vermute, dass die CP1 auf kurze Entfernungen vielen anderen Pistolen haushoch überlegen ist, wegen ihren herausragenden Deutschusseigenschaften.

Rückruf der Vektor CP1 im Jahr 2000 (recall)

Wenige Jahre nach dem Verkaufsstart der CP1 wurde den Verantwortlichen bei Denel bewusst, dass Ihr Konzept der Schlagbolzensicherung nicht ausreichend war. Die Pistole hatte zwar eine automatische Schlagbolzensicherung verbaut, diese wird jedoch durch den Hammer gelöst. Sollte sich also, bei einem Sturz der Hammer lösen, würde auch ein Schuss brechen. Bei einer Single Action only Pistole ist das natürlich nicht akzeptabel. Man muss aber auch klar festhalten, dass die Pistole nicht dafür bekannt war, dass sich Schüsse von alleine Lösen, es gab nicht mal eine bekannte Häufung von gelösten Schüssen, wenn diese Pistole auf den Boden gefallen sind. Die Chefs von Denel haben lediglich rechtzeitig Verantwortung für ihren Konstruktionsfehler übernommen und natürlich hatten sie auch Angst vor internationalen Produkthaftungsklagen (hauptsächlich natürlich aus den USA). Im Jahr 2000 wurde allen Besitzern etwas mehr als der Kaufpreis erstattet, wenn sie ihre CP1 zurück geben. Quellen für diesen Rückruf in Deutschland sind mir leider nicht bekannt. Ich vermute aber, dass auch hier allen Käufern der Rückkauf angeboten wurde. Entgegen einiger Behauptungen sind diese Waffen nicht von Denel zerstört worden. Das würde aus kaufmännischer Sicht ja auch keinen Sinn machen. Für die Waffe wurde eine komplett neue Schlagbolzensicherung entwickelt und aufwendig verbaut. Hierbei wurde der Schlagbolzen nicht mehr vom Hammer frei gegeben, sondern von der Abzugsstange. Auf diesem Weg wurde es realisiert, dass der Schlagbolzen auf zwei unabhängigen Wegen, nur vom Abzug ausgelöst werden kann. Auch wenn bis heute vielen Waffenbesitzern Single Action only Verteidigungspistolen suspekt sind (die H&K SFP9 ist übrigens auch eine), sind diese Waffen absolut sicher und stehen Pistolen mit teilgespanntem Schloss in nichts nach. Ich will an dieser Stelle aber auch meine persönliche Meinung wiederholen. Ich trage schon seit vielen Jahren derartige Waffen verdeckt mit Waffenschein im Appendix Carry mit Inside Holsterns ("IWB"). Und solche Waffen trage ich, wenn sie keine Sicherungshebel haben, nur unterladen. Es macht einen großen Unterschied, ob man eine Pistole rechts außen, an einem sichtbaren (und damit abstehenden) Holster führt, oder verdeckt, wo die Mündung meist auf gewisse Körperteile zeigt. Wer das auch noch mit einer Waffe, ohne manuelle Sicherung und mit einem leichtgängigen Abzug, macht sollte sich mal meinen Bericht über die Glock Pistolen genau durchlesen.

Die überarbeiteten CP1, mit der neuen Schlagbolzensicherung sind fast ausschließlich auf dem nationalen Markt verkauft worden, zur privaten Selbstverteidigung. Viele sind auch von privaten süd afrikanischen Sicherheitsfirmen für den uniformierten Dienst gekauft worden. Wie dieses Video aus den USA beweist, wurden aber ein Teil doch auch wieder ins Ausland geliefert. Meine eigene ist leider nicht überarbeitet worden.

Genau an dieser Stelle steht bei den überarbeitete CP1 ein etwa 5mm hoher Knubbel der Abzugsstange über. Dieser drückt, beim Abziehen, die automatische Schlagbolzensicherung nach oben. 

Diese Skizze wurde den  überarbeiteten Vektor CP1  beigelegt und zeigt die neu eingebauten Teile. Am leichtesten zu erkennen sind diese Pistolen an dem rot markierten Teil an der Abzugsstange.
Diese Skizze wurde den überarbeiteten Vektor CP1 beigelegt und zeigt die neu eingebauten Teile. Am leichtesten zu erkennen sind diese Pistolen an dem rot markierten Teil an der Abzugsstange.

Wie Ihr aus der Zeichnung oben sehen könnt, wurde auch der Hammer, die Schlittenführung und der Übertragungshebel erneuert. Was dabei aber genau geändert wurde, ist mir bisher leider nicht ganz klar. Auf den ersten Blick sehen sie genau so aus, wie die bei meiner CP1 verbauten Teile.

 

Fazit zur Vektor CP1:

Es ist mehr als deutlich, dass die CP1 von Menschen entwickelt wurde, die viel praktische Erfahrung im Führen von Waffen und deren Einsatz haben. Ich glaube, dass man an dieser Pistole die vielen Konflikte und Sicherheitsprobleme dieses Landes, und damit eben auch die praktische Erfahrung vieler Menschen im Feuerkampf erkennen kann. Sie ist alles andere als eine Sportpistole. Sie ist auch keine Polizeipistole. Sie ist ausschließlich zum verdeckten Führen vorgesehen. Und die überarbeiteten Varianten davon sind, meiner Meinung nach, bis heute ausgezeichnet dafür und können immer noch mit den modernsten Konzepten mithalten. Aber die Waffen der 1. Generation sind leider für fast nichts zu gebrauchen, da sie nicht fallsicher sind. Ich persönlich würde mir eine Neuauflage dieser Waffe, mit einem Schlagbolzenschloss wünschen. In Süd Afrika ist es eh an der Zeit, dass die Karten bei den Dienstwaffen neu gemischt werden. Die Vektor R4 Gewehre der SADF und die Vektor R5 des SAPS sind mittlerweile genau so veraltet, wie deren Vektor Z88 Pistolen (exakte Kopien der Beretta 92). Sie sind nicht nur veraltet, sondern sie sind auch meist in stark gebrauchtem Zustand, was man bei Berichten von dort immer wieder klar erkennen kann.

Eine komplette Neubeschaffung der Bewaffnung aller staatlichen Organisationen ist schon lange überfällig. Denel Land Systems hat jedoch die Produktion von Handfeuerwaffen eingestellt. Meinen zivilen Galil Nachbaut stelle ich übrigens HIER vor, da sage ich auch ein bisschen was über die Vektor Gewehre.

 

 

 

Quelle: https://www.timeslive.co.za/news/south-africa/2018-04-18-ipid-is-an-emasculated-watchdog-says-its-investigative-head/